Herbsttagung der Sektion für Heilpädagogik und inklusive soziale Entwicklung
Vom 1.–4.10. fand im Goetheanum die sogenannte «kleine Herbsttagung» statt – im jeweiligen Zwischenjahr der großen Tagung.
Nichtsdestotrotz war sie international besetzt, über 100 Teilnehmende von Mexiko bis Taiwan waren anwesend. Hinzugefügt werden soll auch, dass die kleine Tagung nicht explizit inklusiv ausgerichtet ist.
Als besonders kann berichtet werden, dass die Tagung ein Crossover, also die Überschreitung zu anderen Sektionen, beinhaltete – dies empfand ich persönlich als sehr bereichernd!
So eröffnete Karin Michael, die Leiterin der Medizinischen Sektion, am Mittwochabend die Tagung mit einem Impulsvortrag zum Thema WÄRME aus der medizinischen Sicht. Insbesondere die Wärme-Inkarnation von der Geburt durch die ersten drei Jahrsiebte war sehr interessant, aber auch die Erkenntnis, dass sich die Menschheit sukzessive abkühlt. Ein Phänomen einer jeden einzelnen Biografie im Laufe ihres Lebens, aber eben auch nachweislich der letzten 150 Jahre der Menschheit insgesamt. Als kurzes Fazit: Wärme inkarniert in der Kindheit/Jugend und exkarniert mit der zunehmenden Alterung – und: Empathie-Fähigkeit steigt mit Wärme!
Am Donnerstag stand die Aufmerksamkeit ganz im Zeichen der beiden Arbeitsgruppen der Sektion: Heilpädagogik und Inklusion in der Schule (moderiert von Bart Vanmechelen, Mitglied des Leitungsteams der Sektion) und Alterskultur und Pflege (moderiert von Sonja Zausch, Mitglied des Leitungsteams der Sektion).
Ich nahm an einer Arbeitsgruppe der Alterskultur zum Thema Alterserkrankungen teil, referiert von Dagmar Fröder (Lebens- und Arbeitsgemeinschaft Lautenbach, DE) und Elke Zech (DE). Schritt für Schritt erschlossen wir Teilnehmenden uns die Alterungsprozesse und die notwendigen Hilfestellungen, insbesondere für den Beginn und die Begleitung bei Demenz. Aber auch die Frage «Was will im Alter gefördert werden?» wurde intensiv bearbeitet. Verbindend tauchte wieder das Thema der Wärme auf, also: die schwindenden Wärmeprozesse durch alle Wesensglieder des alternden Menschen adäquat anzusprechen und zu pflegen.
Am Freitag referierte Jan Göschel (Sektionsleiter) zu dem Thema Forschung, es wurde deutlich, dass die Sektion einen Schwerpunkt auf nachweisbare Forschung auch im sozialen Bereich setzt. Forschung ist machbar! Die konservative Forschung bezieht sich auf Objekte, welche messbar sind – wie geht dies aber bei lebendigen Prozessen? Jan Göschel führte einen Weg auf von der Hermeneutik, der kontemplativen Wissenschaft, dem transdisziplinärischen Forschen hin zu partizipativem Forschen – Aktionsforschung vs. Laborforschung. Unterstützt durch Beiträge von Ulrike Barth und Christiane Drechsler von der Alanus-Hochschule (DE), welche genau in diesen Themenfeldern forschen. Und spätestens dann wussten die Teilnehmenden, warum die Tagung nicht inklusiv ausgeschrieben war …
Anspruchsvoll blieb auch der Rest des Tages mit vier Beiträgen aus der Welt (Argentinien/Puerto Rico, Schweiz, USA) zu Forschungsprojekten und deren Zwischenergebnissen. Am Abend stellten die Arbeitsgruppen der Sektion in einem World-Café ihren aktuellen Stand vor, die sich in der kommenden Tagung 2026 in den Foren am Nachmittag zeigen werden.
Der Samstag begann mit einem Impulsvortrag von Bart Vanmechelen mit dem Thema der fünf Inner Development Goals. Diese wurden aus den siebzehn Sustainable Development Goals der UNO heraus weiterentwickelt: Eine schwedische Forschungsgruppe nahm diese zum Anlass, in einer weltweiten Befragung (unabhängig von Kultur und Religion) zu ermitteln, welche Voraussetzung diese 17 Ziele benötigten. Das Ergebnis umfasst fünf Themenfelder, die «Inner Development Goals» genannt werden und welche zumindest Mitarbeitende in sozialen Zusammenhängen wenig überraschen: Sein, Denken, Beziehung, Zusammenarbeit und Handeln. Siehe auch innerdevelopmentgoals.org
Hier kann ein direkter Zusammenhang zur Anthroposophie und dem von Rudolf Steiner angebotenen anthroposophischen Schulungsweg hergestellt werden.
Im weiteren Verlauf des Vormittags gab es einen weiteren intersektionalen Zusammenschluss: Die Teilnehmenden der parallel stattfindenden Tagung der Naturwissenschaftlichen Sektion vermischten sich mit denen unserer Tagung. Das gemeinsame Thema war wieder die Wärme. Je zwei Impulsvorträge aus beiden Sektionen, Astrid van Zon (NL) und Jacquelyn Bieringer (USA) für unsere Sektion sowie Vesna Forštnerič Lesjak und Matthias Rang (Sektionsleiter der Naturwissenschaftlichen Sektion) verwoben auf wunderbare Weise die Wärme in der sozialen Beziehung und die des lebendigen Erdenorganismus. Insbesondere die Beispiele von Vesna Forštnerič Lesjak der jeweiligen Wärmebeziehungen von höher entwickelten Pflanzen, Insekten und Säugetieren sowie die Frage der Differenzierung von luziferischer und michaelischer Wärme durch Matthias Rang blieben mir hängen – wie ist letztere zu unterscheiden? Matthias Rang schenkte uns dazu das Bild vom Wasserkochen: ein paralleler Gleichklang der Wärme bis zu dem Punkt, wo das Wasser sich für einen anderen Zustand entscheidet (oder dazu gezwungen wird) – es ist wohl das Opfer, welches als Unterscheidungsmerkmal dient.
Am Nachmittag wurde gemeinsam weiter in gemischten Arbeitsgruppen beider Sektionen gearbeitet, nach dem jeweiligen Sternzeichen der Teilnehmenden trafen wir uns und bereiteten eine Essenz der Tagung vor. Nun kam endlich auch ein kleiner künstlerischer Aspekt auf, einige Tierkreisgruppen entschieden sich für die Darstellung mittels der Eurythmie.
Mein Fazit: Es war eine wirklich inspirierende Tagung, recht anspruchsvoll und sehr bereichernd! WÄRME ganzheitlich zu erleben, ob als menschlicher oder als Erdenorganismus. Doch vermisste ich ein bisschen einen kleinen gemeinsamen künstlerischen Auftakt (Singen am Morgen) oder ein wenig Bewegung zwischendurch, im Übrigen auch eine Wahrnehmung aus den vielen Zwischengesprächen mit Teilnehmenden. Das gemeinsame Austauschen und Netzwerken während der gesamten Zeit war natürlich ebenfalls herzerwärmend, sehr wichtig und wertvoll.
Somit ein herzliches Dankeschön an das Leitungsteam Jan Göschel, Bart Vanmechelen und Sonja Zausch (in alphabetischer Reihe)!!!
Steffen Klepzig, Karl Schubert Gemeinschaften, Stuttgart (DE)
Fotos: Matthias Spalinger